Aktuelles

Monatsthema 01: Kinderpathologie

Medienbriefing der Deutschen Gesellschaft für Pathologie zum Internationalen Kinderkrebstag am 15. Februar

Zum Internationalen Kinderkrebstag am 15. Februar haben wir für Sie Zahlen und Fakten rund um Krebs im Kindes- und Jugendalter zusammengestellt. Zum Beispiel diese Zahl: Etwa 20 der rund 1800 praktizierenden Pathologinnen und Pathologen in Deutschland sind spezialisiert darauf, Gewebeproben zu beurteilen, wenn bei Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen Krebserkrankungen vermutet werden.

20 sind nicht viele. Eine davon, die Kinderpathologin Dr. Elise Gradhand, hat in Großbritannien die zusätzliche Facharztsubspezialisierung in Kinder- und Perinatalpathologie erworben. In den USA ist diese Subspezialisierung bereits seit 1990 und in Großbritannien seit 2001 anerkannt. In Deutschland gibt es eine solchen Abschluss nicht. Patholog*innen, die sich hierzulande auf Kinderpathologie spezialisieren, konzentrieren sich verstärkt auf dieses Teilgebiet der Pathologie in ihrer Aus- und Fortbildung und erwerben teilweise internationale Zertifikate. Dr. Gradhand ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Fetalpathologie in der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP) und arbeitet im Dr. Senckenbergisches Institut für Pathologie am Universitätsklinikum Frankfurt/Main. Sie erklärt im Kurzinterview, warum Kinderpathologie ein hochspezialisiertes Fach ist, wie der Status quo in Deutschland aussieht und was sie sich für die Zukunft wünscht.

Das bereitgestellte Material können Sie für Ihre Berichterstattung nutzen. Gern vermitteln wir Ihnen Dr. Elise Gradhand als Interviewpartnerin und stellen bei Bedarf weiteres Material zur Verfügung. 
Das Monatsthema ist in Abstimmung mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Fetalpathologie, Dr. med. Thomas Hager (Flensburg), veröffentlicht wurden.
 


Zahlen – Daten – Fakten

Krebs bei Kindern und Jugendlichen

 

Etwa 2250

Kinder- und Jugendliche unter 18 Jahren erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an Krebs. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei den Inzidenzraten etwa im Mittelfeld. Der Anteil krebskranker Kinder unter 18 an allen Krebskranken liegt in Deutschland bei unter 0,5 Prozent. [1]

Leukämien

 

machen knapp 1/3 aller Krebserkrankungen aus (28 bis 30 Prozent), gefolgt von Tumoren des zentralen Nervensystems (23 bis 25 Prozent) und Lymphomen (13 bis 18 Prozent), speziell Hodgkin-Lymphomen. [1]

0,3 %

beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass ein neugeborenes Kind bis zum 18. Lebensjahr an Krebs erkrankt. [2] Der Median des Erkrankungsalters für unter 18-Jährige liegt bei sieben Jahren und sieben Monaten. Jungen erkranken im Verhältnis 1,2-mal häufiger als Mädchen. [1]

Bei Kindern ab 1 Jahr

sind Krebserkrankungen die häufigste krankheitsbedingte Todesursache. [3]

88 %

beträgt die Überlebensrate im Durchschnitt aller Malignome in der pädiatrischen Onkologie nach 5 Jahren, 86 Prozent nach 10 Jahren und 85 Prozent nach 15 Jahren. [1] Bis Ende der 60er Jahre lag die durchschnittliche Überlebensrate unter 20 Prozent. [2]

75 %

der Betroffenen haben aufgrund der teils sehr intensiven Therapie schon früh oder teils erst Jahrzehnte später mehr oder weniger erhebliche Spätfolgen und neue Krebserkrankungen. [2]

Mehr als 90 %

aller Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter in Deutschland werden nach zentralisierten Protokollen bzw. in Therapiestudien behandelt. [3]

Nicht mal 20

der etwa 1800 praktizierenden Patholog*innen in Deutschland sind auf Kinderpathologie spezialisiert. Darunter sind spezialisierte Referenzpathologen für solide Tumoren, Knochentumoren, Ewing-Sarkome, Lymphome und Hirntumoren. Sie sind zuständig für den vorgeschriebenen zweiten Blick auf pathologische Befunde, wenn bei unter 18-Jährigen eine Krebserkrankung vermutet wird. [4]

Quellen:
[1] Robert Koch-Institut, Berlin, „Krebs in Deutschland für 2019/2020“, „Krebs bei Kindern“
[2] Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH)
[3] Robert Koch-Institut, Berlin, „Journal of Health Monitoring”, 2023 8(2)
[4] Deutsche Gesellschaft für Pathologie



Nachgefragt bei …

… Dr. Elise Gradhand, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Fetalpathologie in der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP).

Frau Dr. Gradhand, das Diagnosespektrum ist bei Kindern und Jugendlichen mit Krebs ein gänzlich anderes als bei Erwachsenen. Warum ist das so?

Das liegt an den biologischen Unterschieden zwischen kindlichen und erwachsenen Zellen. Im Mutterleib wächst innerhalb von nur neun Monaten ein Mensch heran, der am Anfang nur ein kleiner Zellhaufen ist und bei Geburt ca. drei Kilo wiegt. Die Zellteilungsleistung ist in dieser Zeit gigantisch und nimmt nach der Geburt ab. Ein „Nicht-Ausschalten“ dieser schnellen Zellteilung und genetische Veränderungen oder Defekte sind die Ursache für Krebs bei Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen. Die Tumoren sehen deshalb häufig wie unreifes Gewebe aus der vorgeburtlichen Zeit des Kindes aus. Die Krebsursachen bei Kindern sind also zumeist intrinsisch, bei Erwachsenen ist der Lebensstil häufig ein beitragender Faktor. Zudem ist bei Kindern das Tumorwachstum häufig enorm und verlangt ein sehr schnelles Handeln.

 

Wozu braucht es eine Kinderpathologie? Kann nicht jede*r Pathologe*in Gewebe untersuchen?

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben andere und seltene Formen von Krebs, die zum Teil auch nur bei ihnen vorkommen. Patholog*innen, die nur gelegentlich Krebsgewebe von Kindern sehen, können deshalb eine längere Zeit brauchen für die Diagnose, da möglicherweise auch nicht die dafür nötigen Untersuchungsmethoden vor Ort vorhanden sind. Bei den schnell wachsenden kindlichen Tumoren kann dadurch kostbare Zeit verloren gehen, bis die Diagnose und daraufhin rettende Therapie erfolgt. Wer dagegen im Jahr ca. 50 solide Tumoren, 100 Leukämien und 50 Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen diagnostiziert, hat Erfahrung sowie die technischen Möglichkeiten und liefert schneller akkurate Ergebnisse. Wir müssen beachten, dass ein kleiner Mensch nach einer Krebserkrankung noch 60, 70, 80 Jahre leben und arbeiten, Kinder bekommen und die Welt sehen will. Die harte Therapie führt aber bei mindestens 75 Prozent der Kinder und Jugendlichen zu teils erheblichen Spätfolgen und sogar neuen Krebserkrankungen. Kinderonkolog*innen arbeiten daher daran, mithilfe der Diagnose der Kinderpatholog*innen, so viel Therapie wie nötig aber so wenig Schäden wie möglich zu verursachen. Das geht besonders mit einer zügigen und engen Zusammenarbeit und der Erfahrung der Subspezialisierung.

 

Mehr als 90 Prozent aller Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter in Deutschland werden nach zentralisierten Protokollen bzw. in Therapiestudien behandelt. Was bedeutet das?

Da Krebs bei Kindern und Jugendlichen selten ist, gibt es standardisierte und koordinierte Richtlinien für die Diagnose, Therapie, Nachsorge und Dokumentation. Zudem sind die meisten Betroffenen in Therapiestudien eingeschlossen. Nur so erhalten wir eine Datenbasis über die Behandlungsqualität und für weitere Forschung. Für die Kinderpathologie ist festgelegt, dass jede Gewebeprobe einschließlich Befund von einem*r weiteren Kinderpathologen*in, einem*r Referenzpathologen*in, untersucht werden muss. Um auch in Zukunft den diagnostischen Bedürfnissen in der Kinderonkologie gerecht zu werden, wäre es sicher auch in Deutschland erstrebenswert, in den Kinderonkologischen Zentren die Subspezialisierung der Kinderpathologie weiter zu fördern, um sich austauschen, gemeinsam forschen und medizinischen Nachwuchs für die Kinderpathologie ausbilden zu können.


 

Zitat

Kinderpathologin Dr. Elise Gradhand, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Fetalpathologie in der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP):

„Gewebe unterm Mikroskop bedeutet für mich nicht einfach Gewebe, sondern ein Kind oder einen Teenager. Bei einem Krebsverdacht denke ich immer nur: Bitte nicht! Ich habe als Pathologin nicht direkt mit Betroffenen zu tun, muss keine schlimmen Diagnosen überbringen und mit aufgelösten Eltern Therapien besprechen – aber es trifft mich trotzdem, wenn sich der Verdacht bestätigt. Umso wichtiger sind dann die Qualität meines Befunds und die Therapieempfehlung. Ich setze mich jeden Tag ans Mikroskop mit der Einstellung, dass jedes Kind eine zügige und akkurate Diagnose erhält.“


 

Service

Ansprechpartnerin für Medienanfragen
Beatrix Zeller, Tel: +49 30 25760 727 oder mobil +49 152 231 469 55

Presseverteiler
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Termine
21. – 24. Februar 2024, 36. Deutscher Krebskongress in Berlin
16. März 2024, Fortbildung: Onkologische und nicht-onkologische Erkrankungen des Kindesalters
23. – 25. Mai 2024, 107. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie in München
27.- 28. September 2024, Herbsttagung der AG Kinder- und Fetalpathologie

Quicklinks
Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Fetalpathologie in der Deutschen Gesellschaft für Pathologie

 

Ausblick Medienbriefing 02

Im Darmkrebsmonat März geht es um Mikrosatelliten-Instabilität bei Darmkrebs. Was das ist, erläutert Prof. Dr. Jens Neumann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Gastroenteropathologie in der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP).

NEU: DGP-Broschüre für den Nachwuchs

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